Die meisten Projekte, zu mindestens ist es bei mir so, benötigen eine gewisse Vorbereitung und Reifung. Man hat eine erste Idee, die behält man im Kopf und langsam reift das Projekt bis zur Umsetzung. Bei diesem Projekt war es allerdings etwas anders. Spontan musste ein neuer FPV-Truck konzipiert und gebaut werden. Der Zeitraum für das Projekt betrug 14 Tage von der ersten Idee bis zur ersten Testfahrt. In dieser Zeit musste ein kleines und wendiges Fahrzeug funktionsfähig gemacht werden, da meine bisherigen FPV-Fahrzeuge mit der neuen Herausforderung nicht zurecht gekommen wären.
Über die Jahre haben sich in diversen Bastelkisten schon einige Teile angesammelt, was mir bei diesem Projekt sehr entgegen kam.
Für dieses Fahrzeug gibt es kein reales Vorbild, in erster Linie ging es mir rein um die Funktionalität. Inspirationen habe ich mir bei diversen Expeditionsfahrzeugen geholt.
Der Rahmen stammt aus einem anderem Prototyp und wurde von Shapeways in Messing gefertigt.
Als Antrieb kommt ein 7mm 5-Pol Motor zum Einsatz. Dieser ist kraftvoll und benötigt nur einen relativ niedrigen Strom.
Mittels Vorgelege wurde die Drehzahl des Motors reduziert. Die Kraftübertragung wurde mittels Kardanwellen realisiert. Dadurch konnte auch der Höhenunterschied zwischen Motor, Vorgelege und Achse überwunden werden. Der Rahmen wurde mit allen nötigen Bohrungen, Vertiefungen und Halterungen ausgestattet. Die Nacharbeiten konnten dadurch auf ein Minimum reduziert werden. Das Messing verleiht dem Fahrzeug mehr Gewicht als ein Rahmen aus Kunststoff, was die Fahreigenschaften positiv beeinflusst.
Die erste Idee war, einen Aufbau aus Evergreen Profilen/Platten zu bauen. Die zweite Idee war die richtige und zielführende, ein Feuerwehraufbau. Dieser bietet genug Platz für die Akkus, den Empfänger, den Sender für das FPV-System und den Unterbau für den Videorecorder.
Damit an den Seiten des Aufbaus genug Platz für ein großes Logo ist, mussten alle Aussparungen zu gespachtelt werden.
Bis jetzt habe ich mich vor solchen Arbeiten immer gedrückt bzw. andere Wege gefunden um das gewünschte Resultat zu erreichen. Dieses Mal allerdings gab es keine Wahl. Naja, man macht alles ein erstes Mal.
Mit dem Ergebnis bin ich ganz zufrieden, auch wenn hier und da noch etwas besser hätte spachteln und schleifen können.
Nachdem der Aufbau und die Kabine grundiert wurden, kamen mehrere dünne Schichten Lack drauf.
Die Kombination Gun Metallic TS-38 und dem Orange TS-12 finde ich für dieses Fahrzeug sehr passend. Auf Facebook hat ein Modellbauer einige seiner Fahrzeuge in der Kombination lackiert und das habe ich als Inspiration genommen. Das relativ dunkle Grau und das knallige Orange ergänzen sich sehr gut und ergeben einen sehr schönen Kontrast.
Da das Fahrzeug nicht nur in heller Umgebung unterwegs sein sondern auch im dunkeln Videoaufnahmen machen wird, musste die Beleuchtung etwas, nennen wir es mal, optimiert werden. Am Führerhaus müssen Zusatzscheinwerfer installiert werden. Bei den Positionen und der Anzahl der Zusatzscheinwerfer war ich mir am Anfang unsicher und habe einige Dinge ausprobiert. Zum Schluss entschied ich mich für 4 LEDs unten und 6 LEDs auf dem Dach. Die Halterungen für die LEDs sind 3D-Druckteile in die 0603 LEDs eingefasst wurden. Filigrane Bauteile mit dünnen Wänden haben den Nachteil, dass das Licht sehr gut durch die dünnen Wände scheint. Um dies zu verhindern, wurde der Innenraum der Lampenhalterungen grau eingefärbt.
Bei der Beleuchtung versuche ich, die Helligkeit der LEDs so anzupassen, das diese zum Gesamtbild des Fahrzeug passen, vor allem was die Helligkeit angeht. Die Helligkeit der Zusatzscheinwerfer wurde bei diesem Fahrzeug nicht nach optischen Aspekten gewählt sondern nach funktionalen. Das bedeutet, die Helligkeit wurde so hoch gewählt, das der Bereich vor dem Fahrzeug ideal ausgeleuchtet wird. Für die LEDs auf dem Dach wurde ein Widerstand von 100 Ohm gewählt, an den die 6 LEDs parallel angeschlossen sind.
Die Lampenbügel vorne und auf dem Dach müssen geschützt werden, falls der Fahrer doch mal die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren sollte. Ein Überrollbügel aus rundem Evergreen Profil wurde entsprechend der Außenmaße der Hütte angefertigt, verklebt und lackiert. Die eingearbeiteten Querstreben sorgen für genug Stabilität.
Für die Videoaufnahme wurde eine Keycam 808 #32 verwendet. Diese kam schon in einem meiner anderen FPV-Fahrzeuge zum Einsatz. Das Problem bei diesem Umbau, war der Slot für die Micro-SD Karte. Der Aufbau ist um ein paar Millimeter schmaler als die Keycam, wenn die Micro-SD Karte eingesteckt ist. Aus diesem Grund wurde der Slot für die Micro-SD Karte abgelötet und am Heck des Fahrzeugs ein neuer Slot mittels Kleber und Spachtelmasse eingepasst. Lackdraht sorgt dafür, das die Datenübertragung zwischen der Platine und dem Micro-SD Slot weiterhin funktioniert. Zuerst war ich etwas skeptisch, ob dies ohne Probleme funktioniert. Aber siehe da, alles funktioniert bestens und die Videodaten werden in Full-HD aufgezeichnet.
Ich habe schon einige kleine Kameras ausprobiert, bei dieser stimmt allerdings alles, angefangen bei der Videoqualität, über die Größe, die Wärmeentwicklung bis hin zur Stromaufnahme. Den Preis der Komponenten halte ich bei meinen Projekten auch immer im Blick. Wenn das Preis/Leistungsverhältnis allerdings passt, kann man auch gerne mal ein paar Euro mehr ausgeben. Für die Live-Übertragung des Videobildes habe ich einen TX5813 verwendet. Der Vorteil dieses Senders ist, das dieser sehr klein, sparsam bei der Stromaufnahme und eine geringe Wärmeentwicklung hat. Nachteil, der Sender ist aktuell nicht mehr verfügbar. Zum Glück habe ich für dieses Projekt noch einen in einer meiner Bastelkisten gefunden. Die Alternative wäre ein iFlight SucceX Micro Force VTX PIT. Der ist noch kleiner, benötigt aber mehr Strom und erzeugt wesentlich mehr Wärme.
Um ein Live-Bild aus der Keycam zu bekommen, muss man ein bisschen tricksen. Normaler Weise wird das Videosignal über die Micro-USB Buchse und einen entsprechenden Adapter ausgegeben. Dem mangelnden Platz geschuldet, musste die Micro-USB Buchse allerdings auch weichen. Das Videosignal wird direkt von einem Pin auf der Platine abgegriffen und der Adapter dadurch simuliert, dass ein Pin der Micro-USB Buchse gegen Masse gezogen wird. Das hat bereits bei dem Feuerwehrfahrzeug bestens funktioniert.
Für einen größtmöglichen Blickwinkel, wurde die Kamera ebenfalls modifiziert. Vom Sensor wurde die vorhandene Linse vorsichtig entfernt und durch eine Linse mit mehr Weitwinkel ersetzt. Für die Position der Kamera wurde die Mitte der Fahrerkabine gewählt. Dies gewährleistet einen guten Überblick und die Position des Fahrzeugs auf der Straße kann sehr gut eingeschätzt werden. Ist die Kamera hingegen an der Fahrerposition platziert, ist es komplizierter, die Position des Fahrzeugs auf der Straße richtig einzuschätzen.
Einige werden sich jetzt Fragen, wieso das wichtig ist, ich sehe das Fahrzeug doch vor mir. Das ist richtig, aber das Fahrzeug ist dafür konzipiert, sich auch auf Modellbahnanlagen zu bewegen, die nicht immer gut einsehbar sind. Das Live-Video der Kamera ermöglicht in diesen Situationen die ständige Kontrolle und kontrollierte Steuerung des Fahrzeugs mittels Live-Bild und Monitor/Videobrille.
Bei der Steuereinheit des Fahrzeugs habe ich mich für einen Deltang RX43d1 entschieden. Der hat alle nötigen Steuer- und Lichtfunktionen auf einer Platine vereint. Dazu unterstützt dieser mit der Firmware 5.20 das DSMX Protokoll und ich habe die Möglichkeit bis zu 12 Kanäle zu steuern. Die Energie zum Fahren liefert ein 250mAh Lipo, gelenkt wird mittels eines 1,8g Servos.
Wie schon weiter oben kurz erwähnt, benötigt das Videosystem mehr Strom als die restlichen Komponenten. Aus diesem Grund kommt ein 500mAh Lipo zum Einsatz. Um Störungen zu vermeiden verwende ich bei meinen FPV-Fahrzeugen zwei separate Stromkreise, einer für die Fahrfunktionen und das Licht, der andere für das Videosystem. Die beiden Stromkreise sind komplett getrennt. Jeder hat einen separaten Schalter und eine separate Ladebuchse.
Man könnte garantiert auch nur einen Stromkreis verwenden und die Motoren entsprechend entstören.
Ich habe mich für diese Art der Verkabelung entschieden und bis jetzt noch keine negativen Erfahrungen damit gemacht.
Die maximale Fahrdauer konnte noch nicht ermittelt werden, rein rechnerisch ist eine Videoaufnahme von mehr als 60 Minuten möglich.
Achja, das Video wird in FullHD auf einer 32GB Micro-SD Karte gespeichert, die am Heck des Fahrzeuges steckt und ausgetauscht werden kann.
Unten sieht man das erste Bild aus der Cockpit-Perspektive.
Und keine 14 Tage später steht ein fahrbares Modell auf den Rädern und kann seine ersten Testmeter zurücklegen.